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Veröffentlicht am 07. Januar 2021

New Work - Interview mit Romy Sigl / Teil 1 - Von Salzburg nach Detroit

Das einzig Beständige im Leben ist der Wandel. Davon ist auch die Arbeitswelt nicht ausgenommen. Ein neuer Trend und geradezu ein Modewort ist New Work geworden. Wir haben uns zu diesem Thema mit Romy Sigl unterhalten, die sich schon lange und intensiv auf der Praxisebene damit beschäftigt.

1.) Es sieht so aus, als ob das Thema New Work immer mehr an Rückenwind gewinnt. Die Mensch legen vermehrt Wert darauf nicht nur, WAS sie arbeiten, sondern auch WIE. Ist das aus Deiner Sicht ein Trend?

Wir sollten das auf der einen Seite nicht pauschalieren. Dazu ist unsere Welt zu vielschichtig. Wir dürfen nicht übersehen, dass jede:r in ihrer:seiner eigenen „Bubble“ lebt. Damit meine ich das eigene Umfeld oder Netzwerk, aus dem heraus die Welt etwas leichtfertig oft nur aus einem gewohnten Blickwinkel betrachtet wird.

Auf der anderen Seite hat das vergangene Jahr 2020, zumindest den meisten digital Arbeitenden von uns, viel Veränderung im WIE aufgezwungen. Home Office, selbstverantwortliche Zeiteinteilung, Selbstmotivation bis hin zu mehr Bewegung und Sport in der Natur, um das Gehirn auszulüften. Das alles wurde- über Nacht - Teil unseres Lebens.

Diese Situation hat den Einen mehr Energie gebracht, als sie genommen hat und den Anderen hat es viel Energie geraubt. Das Erstere ist das Wesen von NEW WORK – mehr Energie am Ende des Tages und das klappt leider noch nicht für viele von uns.

2.) Aber haben wir es da – aus Deiner Sicht – nicht doch mit einem echten Trend zu tun, oder ist das wieder nur das „Next Big Thing“ sozusagen die nächste Sau, die durch´s Dorf getrieben wird?

Interessant ist in dem Zusammenhang, dass Startups und geistig junge Unternehmen Ihren Mitarbeiter:innen schon lange vor der Pandemie viel zutrauten und den nötigen Freiraum wie z.B. flexibles Arbeiten in örtlicher und zeitlicher Hinsicht, Entscheidungskompetenz und Vertrauen, gegeben haben, was zum nötigen Energiefluss führen kann.

Das ist in der Menschheitsgeschichte sehr revolutionär, in der Vorreiterszene aber seit Jahren nichts Neues mehr. Auch ich habe mich schon vor über 10 Jahren intensiv mit dem Thema New Work beschäftigt. Aus dem Anspruch an mein Leben, dass es mehr als ein Hamsterrad sein soll, habe ich schließlich den Entschluss gefasst sogar während einer Wirtschaftskrise zu kündigen und Coworking Salzburg zu gründen.

Dass Corona nun die immer breiter werdende Schicht an digital arbeitenden Menschen durch Lockdowns dazu zwingt, sich zu vertrauen und den Tag ganz ohne Kontrolle von oben, im Home Office zu verbringen – weil es eben nicht wie gewohnt möglich ist – das ist neu und birgt Chancen zB für arbeitende Eltern, Pendler:innen uvm.

Durch die Mehrfachbelastung im Home Office könnte es auch dazu kommen, dass Menschen intensiver darüber nachdenken was ist dringend, was ist wichtig und was ist eine Bullshitaufgabe. In Zukunft könnte es gut möglich sein, als Angestellte:r nicht jeden Tag im Büro erscheinen zu müssen, ohne dabei schief angeschaut zu werden.

3.) Was sind Deine neuen Projekte und gibt es Schnittmengen zu New Work?

Mein Basisprojekt ist Coworking - hier im TechnoZ Salzburg kommen im Coworking Space Salzburg verschiedenste Menschen aus verschiedensten Branchen und Orten zusammen, um gemeinsam und doch selbständig zu arbeiten. Kurzfristig oder auch länger. Daraus entstehen immer wieder neue Projekte und auch Kooperationen unserer Coworker:innen.

Meine Aufgabe ist es meine CoworkerInnen so gut es geht zu unterstützen, sei es durch Netzwerk, Feedback, Workshops, Kleinkram oder einfach ein offenes Ohr zum Reflektieren eines Gedankens. Es ist immer wer da, das ist vermutlich in der momentanen Situation auch für mich selbst, das Wertvollste: ein dritter Ort zum Sein, fernab von daheim und vom Konsum. New Work ist ein Überbegriff - Coworking sicher ein Teil davon.

Bei unseren Do what you love Seminaren, die wir im Moment online abhalten, geht es im ureigensten Sinne um „Neues Arbeiten“. So wie es der Begründer der New Work Idee, Frithjof Bergmann auf den Punkt bringt: “Do what you really, really love.” Und ganz wichtig ist dabei das “really, really”…

4.) Frithjof Bergmann gilt als DER Begründer von NEW WORK und wird heute laufend in dem Zusammenhang zitiert. Du bist gut über sein Wirken und den Beginn der NEW WORK Bewegung in Detroit informiert.

Er war vor Ort und mittendrin, als nach der Jahrtausendwende die Automobilindustrie in Detroit vom Niedergang betroffen war. Die Einwohnerzahl der Stadt ging von den 1950ern bis 2009 von 1,5 Mio auf 0,7 Mio zurück.

Man konnte Detroit damals mit Fug und Recht als „abgefuckt“ bezeichnen und einige Ruinen stehen auch noch heute als Mahnmale dieser Zeit. Bergmann war es, der sagte, man solle diese Ruinen als Gärten für die Selbstversorgung neu aufbauen. Er hat den Begriff Urban Gardening aus einer Not heraus geprägt. Detroit wurde zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in ausreichender Menge mit Nahrungsmitteln versorgt – das muss man sich einmal vorstellen!

Genauso hat der Philosoph dazu angeregt sich selbst zu hinterfragen und das zu tun, “what you really, really want”! Inzwischen gibt es in Detroit eine lebhafte Gründerszene mit zahlreichen Coworking Spaces, begrünten Stadtteilen und neuer Energie. Das haben die Menschen vor Ort umgesetzt - Bergmann hat dies als Professor und Philosoph federführend initiiert und begleitet.

Ich bin stolz darauf, dass er mir ein Nachwort für unser Do what you love Buch geschrieben hat.

5.) Du hast Frithjof Bergmann persönlich kennengelernt. Wie kam es dazu?

Ich durfte vor 10 Jahren mit anderen jungen Leuten aus verschiedensten europäischen Ländern 6 spannende Wochen in den USA verbringen. Initiator dieses Programmes mit dem Namen “Young transatlantic innovation leadership initiative” war Barack Obama.

Ich blieb vier Wochen in Michigan, konnte mir die Entwicklungen in Detroit ansehen und habe den damals schon über 80-jährigen Bergmann bei sich zu Hause besucht und mit ihm ausführliche Gespräche und Interviews geführt. (Anmerkung: Videos am Ende des Artikels).

6.) Wie kann sich den Begründer von NEW WORK als Menschen vorstellen?

Frithjof Bergmann ist eine faszinierende Persönlichkeit. Er hat in Detroit und auf der ganzen Welt viel bewegt, sich selber aber immer „nur“ als den Visionär und Philosophen gesehen und aufgezeigt, dass Veränderung nur von unten gelingen kann und dass die Detailfragen von den umsetzenden Menschen selbst herausgefunden werden müssen. Dieses Prinzip gilt allgemein über NEW WORK hinaus.

Bergmann pflegte zum Beispiel als junger Mann eine persönliche Freundschaft zu Albert Einstein, das hat er mir bei einem unserer Treffen erzählt. Nach meinem Besuch in Michigan konnte ich ihn noch einmal in Berlin, in Wien und im Waldviertel bei Heini Staudinger am GEA Hof treffen – und wieder hat er mich beeindruckt denn er zog es vor als alter Mann am Campingplatz abzusteigen mit der Begründung: „Hier triffst du die wirklich interessanten Menschen!”

Ich bin stolz und dankbar, Frithjof Bergmann persönlich kennengelernt haben zu dürfen.

3 ausführliche Interviews, die Romy Sigl mit Frithjof Bergmann zum Thema New Work geführt hat

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